HörHin

Pestalozzi Kinder- und Jugenddorf Wahlwies e.V.
Musikprojekt
Nähere Informationen unter www.pestalozzi-kinderdorf.de

Als 2015 innerhalb kurzer Zeit viele Geflüchtete nach Deutschland gekommen sind, um hier Schutz zu suchen, waren darunter auch zahlreiche Minderjährige. In der Hochphase lebten ca. 50 Kinder und Jugendliche im Pestalozzi Kinderdorf, die ohne sorgeberechtigte Erwachsene nach Deutschland gekommen waren. Das Projekt „HörHin“ wurde mit dem Ziel ins Leben gerufen, diesen unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten dabei zu helfen, ihre traumatischen Fluchterfahrungen mit Hilfe der Musik zu verarbeiten und positive Erlebnisse zu schaffen.

In den wöchentlichen Treffen lag der Fokus zu Beginn auf der Schaffung musikalischer Grundlagen. Unter Anleitung des Gitarristen, Komponisten und Gitarrenbauers Sascha Henkel, konnten alle Teilnehmer verschiedene Instrumente ausprobieren und dabei entdecken, wo ihre Stärken liegen. Auf das Einstudieren bestimmter Stücke wurde bewusst verzichtet, um den freien und gelösten Umgang mit der Musik und dem gemeinsamen Musizieren nicht einzuschränken. Stattdessen wurde viel improvisiert, wobei verschiedenste Stilrichtungen ausprobiert wurden. Neben klassischen Instrumenten wie Gitarre, Bass, Keyboards und Schlagzeug, kamen dabei auch traditionelle Instrumente aus den Herkunftsländern der Teilnehmer zum Einsatz. Auf dem Foto links oben ist beispielsweise eine Krar abgebildet. Die Krar ist ein in Äthiopien und Eritrea weit verbreitetes Zupfinstrument mit fünf oder sechs Saiten, das zu den Leiern gehört. Hierdurch konnten die Teilnehmer ihre traditionellen musikalischen Einflüsse mit westlichen Stilrichtungen, wie beispielsweise Rapmusik mischen, wodurch spannende Konstellationen entstanden.

Ein Höhepunkt der gemeinsamen Arbeit war dann der Auftritt im Rahmen des jährlich stattfindenden „Erlenhof Open Air“ am 13. Juli im Pestalozzi Kinderdorf. Vor großem Publikum durfte die Gruppe die Ergebnisse des Workshops auf der Bühne präsentieren. Aufgrund der positiven Resonanz sowohl der Teilnehmer, als auch der Betreuer des Projekts, möchten wir den Workshop gerne fortführen und sogar erweitern. In Abstimmung mit Herrn Henkel wird ein zusätzlicher wöchentlicher Termin angeboten werden, der dann für alle Jugendlichen im Perstalozzi Kinderdorf offen sein soll.

 


Hintergrund
Das Pestalozzi Kinder- und Jugenddorf wurde 1947 als erstes und damit ältestes Kinderdorf Deutschlands gegründet. Zunächst fanden Kriegswaisen und Flüchtlingskinder in Wahlwies am Bodensee eine neue Heimat. Heute ist es ein Zuhause für rund 130 Kinder und Jugendliche in sozialer Not, die aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr bei ihren leiblichen Eltern leben können. Das Pestalozzi Kinderdorf ist eine Jugendhilfeeinrichtung mit „Kopf, Herz und Hand“. Der Kopf steht für unseren heilpädagogischen Kindergarten und die Dr. Erich-Fischer-Schule für Erziehungshilfe, wo die Kinder gezielt gefördert werden. Das Herz sind unsere Kinderdorffamilien. Hier finden die Kinder einen sicheren Ort und eine feste Bindung, wenn die leiblichen Eltern nicht für sie sorgen können. Therapien helfen den Kindern Bindungsbrüche und Erlebnisse wie Vernachlässigung, Missbrauch und Gewalt zu bearbeiten. Die „Hand“ steht für die Berufsvorbereitung und die Möglichkeit zur Ausbildung in neun handwerklichen und landwirtschaftlichen Betrieben. Hier werden die jungen Menschen auf dem Weg in ein eigenständiges Leben begleitet. Die Demeter-zertifizierten Betriebe bieten ihre Produkte außerdem auf verschiedenen Wochenmärkten in der Bodenseeregion sowie in ausgesuchten Supermärkten und Läden an.