Beyond the Selfie

Biennale für aktuelle Fotografie e. V.
Workshop: Beyond the Selfie
Mehr Informationen: biennalefotografie.de →

Beyond the Selfie

Sich im Medium der Fotografie darzustellen, ist ein kraftvolles Mittel, um sich und die eigene Identität auszudrücken.

Wie möchte ich gesehen und wahrgenommen werden?
Was zeige ich von mir, was nicht?
Was nehme ich von jemandem wahr, wenn ich lediglich ein Foto von dieser Person betrachte?
Was bleibt verborgen?

Beyond the Selfie, ein Fotoworkshop und Ausstellungsprojekt für Frauen ab 16 Jahren, fand in zwei Phasen im Rahmen des Begleitprogramms der Biennale für aktuelle Fotografie 2022 (From Where I Stand) als Kooperation mit dem Wilhelm-Hack-Museum und dem Kulturzentrum dasHaus statt.

Zehn Frauen* im Alter von 19 bis 60 Jahren und mit diversen Herkünften inszenierten sich in einer ersten zweitägigen Workshopphase mit der mexikanisch-britischen Künstlerin Mónica Alcázar-Duarte und der Kunstvermittlerin Valentina Jaffé im Medium der Fotografie. Darauf aufbauend entwickelten sie gemeinsam mit der Kunstvermittlerin eine Ausstellung, um die entstandenen Fotografien der Öffentlichkeit zu präsentieren und so sichtbar zu werden.

Als Ausgangspunkt und Inspiration erhielten die Teilnehmerinnen in der ersten Workshopphase (19. und 20. März 2022) persönliche Einblicke von der Künstlerin Mónica Alcázar-Duarte in ihre im Rahmen der Biennale im Wilhelm-Hack-Museum gezeigte fotografische Werkserie Second Nature. Darin untersucht sie, inwiefern der Einsatz von Algorithmen in Suchmaschinen und sozialen Medien klischeehafte oder gar diskriminierende Zuschreibungen reproduziert bzw. verstärkt und so massiv Einfluss auf unsere Wahrnehmung voneinander nimmt. Selbst in Mexico aufgewachsen, untersucht Alcázar-Duarte dies am Beispiel mexikanischer Frauen. Ihre Kunst ist inspiriert von dem Wunsch nach Gleichberechtigung und ihrer Erfahrung als Migrantin. Sie möchte nicht nur sichtbar machen, wie algorithmengesteuerte Internetanwendungen stereotype Vorurteile aufrechterhalten, sondern mit ihrer Fotografie auch Repräsentationspraktiken brechen und empowernde Gegenerzählungen schaffen. Diese ermächtigende und stärkende Haltung war grundlegend für die Fotografien, die im Rahmen des Workshops entstanden, und für die Gespräche, die untereinander geführt wurden.
In der ersten Workshopphase entstanden zwei Fotoserien: Für die Serie Portraits with Objects wurde vor der Kamera performativ mit dem eigenen Körper, den eigenen Gesten und mitgebrachten persönlichen Gegenständen, die die Teilnehmerinnen als wichtig für sich erachteten, experimentiert. Dabei lag die Entscheidung, das Gesicht zu zeigen oder zu verbergen, selbstverständlich bei den Teilnehmerinnen – alle entschieden sich dafür, ihr Gesicht nicht direkt zu zeigen.
Eine zweite Serie, die Garden Portraits, entstanden im hackmuseumsgARTen, dem Urban-Gardening-Projekt des Wilhelm-Hack-Museums. Jede Teilnehmerin suchte sich einen bestimmten Ort, an dem sie sich wohlfühlte, teilweise war dies an bestimmte dort wachsende Pflanzen gekoppelt. Mónica Alcázar-Duarte abstrahierte anschließend die entstandenen Aufnahmen digital. Menschliche Körper wurden durch Pflanzenteile bzw. andere Elemente der Umgebung ersetzt und verschmolzen so mit ihrer Umwelt.
In einer zweiten Projektphase gestalteten die Teilnehmerinnen gemeinsam mit Valentina Jaffé in einem Workshop eine Ausstellung ihrer Fotografien und erprobten so auf einer weiteren Ebene Ausdrucksformen von Selbstpräsentation, Identität und Identifikation. Die Ausstellung wurde an der Glasfassade des Kulturzentrums dasHaus installiert und war so nicht nur im Innenraum, sondern auch für Passant*innen sichtbar. Nach einer Vernissage am 23.04.2022**, bei der die Teilnehmerinnen ihr Projekt der Öffentlichkeit, ihren Familien und Freund*innen vorstellten, war die Präsentation bis zum Laufzeitende der Biennale am 22.05.2022 zu sehen. Teil der Ausstellung war ein von Valentina Jaffé erstelltes Heft, das anhand von individuellen Statements der Frauen den Entstehungsprozess des Projekts transparent machte. Für die beteiligten Frauen war das Heft gleichzeitig auch Workshopmaterial, erhielt es doch eine Leerseite, um weitere Reflexionen einzutragen. Das prozesshaft angelegte Fotografie- und Ausstellungsprojekt wurde von den teilnehmenden Frauen als sehr positiv und stärkend wahrgenommen. Die generationenübergreifende Frauengruppe ist weiterhin in Kontakt miteinander und die entstandenen Fotografien werden ab Mitte Juli 2022 auch im Wilhelm-Hack-Museum ausgestellt.

Leitung: Mónica Alcázar-Duarte und Valentina Jaffé
Kooperierende Institutionen: Kulturzentrum dasHaus, Wilhelm-Hack-Museum, Biennale für aktuelle Fotografie e.V.
Konzeption und Koordination: Verena Zinser

* Für eine der Frauen war die Teilnahme am zweiten Workshoptag, an dem die Fotografien entstanden, leider nicht möglich, so dass es nur von neun Frauen Fotografien gibt.
** Krankheitsbedingt wurde die zweite Workshopphase und somit auch die Eröffnung gegenüber der Ankündigung im Biennale-Programmheft um 14 Tage verschoben.

Foto: Valentina Jaffé
Foto: Valentina Jaffé
Foto: Mónica Alcázar-Duarte
Foto: Mónica Alcázar-Duarte
Foto: Mónica Alcázar-Duarte
Foto: Biennale für aktuelle Fotografie e.V.