Tanzprojekt #herland

Eva-Maria Steinel // Eva Baumann
Projekt: Tanzprojekt #herland
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Im Herbst 2018 entsteht in Stuttgart die Tanzinstallation #herland. Als Ausgangspunkt dient Christine de Pizans „Buch von der Stadt der Frauen“ aus dem Jahr 1405. Die in Venedig geborene und in Paris aufgewachsene Franko-Italienerin war nicht nur eine der ersten Frauen in Europa, die ihren Lebensunterhalt mit der Abfassung von Poesie, politischen Schriften und Erziehungsliteratur bestritten. Im Disput mit einigen der größten Gelehrten ihrer Zeit entfachte sie auch die erste feministische Debatte: die sogenannte Querelle des Femmes, den „Streit um die Frauen“ bzw. „Streit der Frauen“. In ihrem „Buch von der Stadt der Frauen“ entwirft sie die Utopie einer ausschließlich von Frauen erbauten und bewohnten mittelalterlichen Stadt. Die Form und die Raumutopie dieses Buchs werden zur Folie unseres Stücks.

In einer offenen Bühnenlandschaft prallen in #herland die Erlebniswelten und die Poesie de Pizans auf gegenwärtige Rollenbilder, Klischees und emotionsgeladene Diskurse von Gender-Gap bis #metoo. Utopien vermischen sich mit Realitäten, Dokumentarisches mit Fiktion und längst Vergangenes mit Aktuellem. Im Zusammenspiel von Tanz, Musik, Videoprojektionen, Sprache und Frauenpower eröffnen sich dem Publikum dabei immer wieder ganz neue Perspektiven, die deutlich machen: Auch mehr als 650 Jahre nach Christine de Pizan gibt es keine objektiven Wahrheiten und keine einfachen Antworten.

Die Inszenierung von Körperbildern und Räumen 
In #herland inszenieren wir diese Reizüberflutung, der wir ständig ausgesetzt sind, mittels Sprache, Körper, Sound und Bild, nehmen die diversen Aspekte auseinander, reflektieren sie und bauen sie wieder zusammen. Es entsteht eine Form theatraler Dokumentation ohne Zentrum, die bewusst auf Vollständigkeit und Objektivität verzichtet. Reales wird mit Fiktivem vermischt zu einem „scripted space“. Dabei bildet das weibliche Körperbild und seine Präsenz im (öffentlichen) Raum das Zentrum einer choreografisch-bildnerischen Befragung.

In unserer Lesart ist #herland keine wohl geordnete, aufgeräumte Stadt, sondern vielmehr ein Raum, der überfrachtet wird mit einem Archiv an Bildern und Informationen von und über Frauen und Stereotypen – auch im geschichtlichen Wandel. Hierfür arbeiten wir mit einer offenen Bühnensituation, in der die Zuschauer*innen sich mit den Tänzerinnen im Raum bewegen und im Verlauf des Abends mehrfach ihre Perspektive wechseln. So übernimmt die Inszenierung selbst vermittelnde Elemente, indem sie dem Publikum immer neue Standpunkte gewährt und Kunst im direkten Kontakt erlebbar macht.

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© Fotos: Gabriele Nagel