Selfserviceselfiebox von Janina Schmid

Kunstbeirat der Städtischen Galerie im Kornhaus, Kirchheim unter Teck
Projekt: Janina Schmid, Selserviceselfiebox, Ein Projekt im öffentlichen Raum von Kirchheim unter Teck
Mehr Informationen: staedtischegaleriekirchheim.com →

Der Kunstbeirat der Städtischen Galerie im Kornhaus  beabsichtigt in Kooperation mit dem gerade erst gegründeten Förderverein die kunstpädagogische Vermittlungsarbeit auszuweiten, um bei Kindern und Jugendlichen wie auch Erwachsenen das Interesse an der zeitgenössischen Kunst zu fördern und die eigenen  kreativen Fähigkeiten  anzuregen. Im Zuge dieser Aktivitäten hat der Kunstbeirat die Künstlerin Janina Schmid (*1982 in Ulm) eingeladen, im öffentlichen Raum ihr partizipatives Projekt „Selfserviceselfiebox“ zu realisieren.

Die Selfserviceselfiebox wurde an sieben verschiedenen Standorten am 11.,13. und 14. sowie am 18., 20. und 21. Mai 2022 im Stadtraum von Kirchheim aufgestellt. Über 200  Bürgerinnen und Bürger haben mit viel Freude die Gelegenheit genutzt, um ihre ganz individuellen, bunten, schrillen und witzigen Selbstporträts  in der Aktionsbox zu gestalten. Die Selfies wurden mit dem eigenen Handy aufgenommen. Zum Teil wurden die Fotos zur Veröffentlichung freigegeben, zum Teil aber auch nicht, so dass sie privat blieben. Freigegebene Fotos wurden unter dem Hashtag #selfserviceselfiebox veröffentlicht.

Durch die wechselnden Standorte innerhalb der Stadt konnten immer wieder andere Bevölkerungsgruppen angesprochen werden. Im Mehrgenerationshaus Linde haben sich zahlreiche aus der Ukraine geflüchtete Frauen mit ihren Kindern an dem Projekt beteiligt.  Zur sog. Ausgleichsfläche in der Nähe der Alleenschule kamen Kinder verschiedener Nationalitäten, die die Vorbereitungsklassen besuchten. Da sie kaum Deutsch sprechen, trug diese nonverbale künstlerische Darstellungsmöglichkeit zu einem positiven Gemeinschaftsgefühl bei. Oftmals waren mehrere Kinder zusammen in der Box.  An dem Projekt beteiligte sich auch eine Gruppe psychisch Erkrankter, die mit ihrem Therapeuten unterwegs war.

Auf der Lauterbrücke in der Nähe der Post und eines Supermarktes kamen Familien mit Kindern, Großeltern mit den Enkeln und Mädchen mit ihren Freundinnen vorbei und machten Selbstporträts. Mit großer Begeisterung nutzten auch Kinder der AG- Nachmittagsbetreuung  die Möglichkeit besonders ausgefallene Selfies zu gestalten. Einige ältere Menschen, die sich trauten, entwickelten eine große Experimentierfreude.

Am Pädagogischen Fachseminar für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte (im Marstallgarten) war vor allem das Interesse der Kunst- und Techniklehrer an dem Kunstprojekt groß. Vielleicht ergeben sich daraus kreative Impulse für zukünftige Schulprojekte zum vielschichtigen Thema des Selbstporträts. Im Bikepark wurden vor allem Heranwachsende im Alter zwischen 13 und 15 Jahren angesprochen.

Das Projekt hatte eine wichtige soziale Komponente. Es führte zu zahlreichen Gesprächen mit den in Kirchheim lebenden Menschen und auch mit einzelnen Besuchern von außerhalb, zum Beispiel einer Gruppe brasilianischer Touristen.  Auch Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Migrationshintergrund wurden angesprochen und stellten ihre eigenen Selbstporträts her.

Durch das niederschwellige Angebot – die Kunst kommt zum Besucher – trauten sich Viele, fragten nach der Bedeutung der abstrakten Elemente, die zur Verfügung standen, nutzten die Requisiten zur spielerischen Entfaltung des eigenen kreativen Potenzials und erfreuten sich an der Selbstinszenierung. Für manche war es sicherlich auch ein Ausprobieren,  eine Suche nach der eigenen Identität, ein Sich-entdecken oder auch die Möglichkeit des Sich-versteckens.

Dieses interkulturelle und inklusive Kunstprojekt – auch ein junger Rollstuhlfahrer hat teilgenommen – war rundum erfolgreich, machte Spaß und hat den einen oder anderen sicherlich dazu angeregt, sich Gedanken über den Selfie-Hype in den sozialen Medien zu machen. In der Selfie-Box von Janina Schmid wurden die Selfie-Machenden zu bewusst gestaltenden Akteurinnen und Akteuren ebenso auch zu ideenreichen Schauspielerinnen und Schauspielern – alleine oder auch zusammen mit anderen. Nicht zuletzt war das Projekt auch eine gelungene Werbung für die Aktivitäten der Städtischen Galerie, die momentan keine eigenen Räume hat und deshalb immer wieder Projekte im Stadtraum realisiert.